Es wird dunkel in der Aula der Oberschule Norden, auf der Theaterbühne öffnet sich der Vorhang nur ein kleines Stück und der ausgebuchte Saal schaut voller Spannung auf die Lücke zwischen den Stoffbahnen. „Spüre ich da etwa elektromagnetische Strahlung?“, ruft eine Stimme durch den Saal und ein in Alu-Rettungsdecken gekleideter Schüler springt hervor und weist so auf das obligatorische Handy-Abschalten hin. Damit ist schon einmal der erste Lacher des Abends gesichert.

Und das Publikum weiß ab diesem Moment, worauf es sich hier eingelassen hat.
Nicht nur auf der Bühne gab es viel Schweiß und Freude, auch das Publikum konnte beides mitempfinden bei der Premiere des neuesten Musicals des Ulrichsgymnasiums Norden (UGN). Während der Aufführung geriet es schnell in Vergessenheit, dass auf der Bühne Schülerinnen und Schüler sind. Eine ganz eigene Interpretation der Lieder von Udo Jürgens: Der Spaß und die Entschlossenheit, die die Schüler während der Vorstellung gehabt haben, war ihnen anzusehen.

 

Neu-Interpretation
Was die meisten Zuschauer zu Beginn nicht wussten: In diesem Jahr hat Rainer Ubben, Lehrer am UGN und Leiter der Schauspiel- Gruppe, das Skript, die Geschichte, selbst geschrieben und ersonnen. „Dadurch konnten wir uns viel besser auf die Talente der Schüler einlassen“, sagt Ubben. Aber auch die Musikstücke wurden für die Schüler angepasst und von Bandleiter Jochen Fischer neu arrangiert. Durch die Kombination und die eigenen Ideen der Schüler konnte das Stück optimiert werden.
Auf der Bühne zeigte sich auch die Leistung der Schüler und Lehrer. Für die Besucher bietet sich eine mitreißende Bühnenshow, die nicht nur einmal zum Mitklatschen und Mitschunkeln anregt. Auch die Zusätze zu den Liedern von Udo Jürgens reihen sich nahtlos in die bekannten Titel mit ein. Gemeinsam mit den motivierten Tänzerinnen, einer Band und einem Chor wird den Zuschauern auf der Bühne das blühende Leben gezeigt.

Moderne Themen
Was der Aufführung wahrscheinlich sehr geholfen hat, ist, dass das Stück sich selbst nicht zu ernst genommen haben. Immer wieder wurde damit gespielt, dass es sich um eine Vorführung handelt. Sei es, dass ein Fahrzeug nicht genügend Platz für alle hatte und die Bühnencrew „spontan“ etwas anbauen musste oder dass im Musical auch ein Musical thematisiert wurde und wie wenig Erfahrung die Schauspieler als Schauspieler hätten.

Auch aktuelle gesellschaftliche Themen wurden aufgegriffen. Denn gerade bei den jungen Erwachsenen spielt LGBTQ eine große Rolle. Das sehen die meisten Menschen aus älteren Generationen eher kritisch und verhalten sich oftmals offen diskriminierend gegenüber dieser Gruppe. Entsprechend musste auch im Musical ein Frauen-Paar um ihre Zukunft kämpfen und hat unter anderem die Wohnung in einem ehrenwerten Haus verloren. Weil sie nicht dem Leitbild früherer Generationen entsprechen.

Gern mehr, mit Sahne
Die Schauspieler zeigen so viel Freude auf der Bühne“, sagt Zuschauer Hermann Eilers, das sei richtig ansteckend. „Sowieso, weil die auch alles selbst machen“, ergänzt Ute Stellmacher. Sie haben sich zusammen mit Elke Eilers und Helga Herfeld das Musical angesehen. Selbst hatten sie keine Kinder auf der Bühne. „Es wurde auch immer besser und emotionaler zum Ende hin“, sagt Eilers. Das hätten sie nicht erwartet. Zudem wurde bei der Aufführung auf viele Rücksicht genommen, auch Gebärdensprache, die Zeichensprache für Gehörlose, zum Einsatz.
Es hätte auch von Profi-Schauspielern präsentiert werden können. Viele hätten den Unterschied nicht gemerkt. Die Begeisterung im Saal war am Ende so groß, dass noch mehrere Zugaben folgten und noch einmal die besten Lieder gespielt wurden.
Entnommen aus dem Ostfriesischen Kurier vom 23.06.2023
Text: Merlin Klinke
Fotos: Merlin Klinke und Daja Ecke