Schüler des Ulrichsgymnasiums Norden auf Austauschfahrt in Polen

„Cześć“, „Dzień dobry!“ - so lautete die herzliche Begrüßung der polnischen Gastfamilien am Flughafen in Kattowitz. Bereits seit 2002 findet der vom Deutsch-Polnischen Jugendwerk* geförderte Austausch zwischen dem Ulrichsgymnasium Norden und der polnischen Partnerschule Katolickie Gimnazjum SPSK in Dąbrowa Górnicza in der Region Schlesien statt. Nach dem Besuch der polnischen Schüler im September 2018 in Norden fand vom 8. bis 14. Januar 2019 der Gegenbesuch in Polen statt.

Kleinere Sprachbarrieren und vorsichtige Zurückhaltung verflog spätestens beim freundlichen Empfang in der Schule mit einem Buffet polnischer Köstlichkeiten, wie zum Beispiel den traditionellen „pierogi“ (Piroggen), sowie witzigen Spielen, die interkulturelle Kommunikation ermöglichten. Regionale Traditionen wie der „Krakowiak“-Tanz und kulturelle Highlights, so zum Beispiel Krakau, wurden in spielerischer Form gemeinsam erarbeitet.
Das von der polnischen Seite erstellte Besucherprogramm war abwechslungsreich und begann mit einer historischen Führung in einem Bergbauschacht in Dąbrowa Górnicza. Der Besuch führte die Schüler unter Tage und gab ihnen Einblick in die Ausbildung und den Arbeitsalltag von Bergleuten (siehe Foto). Die Stadt Dąbrowa Górnicza ist vor allem von ihrer Vergangenheit im Bergbau (Steinkohle-Abbau) geprägt.

Am nächsten Tag stand eine 2-tägige Exkursion unter anderem in die zweitgrößte Stadt Polens an, nach Krakau. Im Rahmen einer 2-stündigen historischen Stadtführung besichtige die Gruppe die berühmten „Sukiennice“ (Tuchhallen), den „Wawel“ (Königsschloss) hoch oben auf dem Hügel über der Weichsel und die „Planty“ (Grüngürtel um die Altstadt). „Wichtig fand ich auch den Hinweis auf das Universitätsgebäude, in dem am 6. November 1939 183 polnische Hochschullehrer und Wissenschaftler verhaftet und in Konzentrationslager verschleppt wurden“ (Alina Janssen, UGN).
Darauf folgte ein besonderes Highlight der Woche. Es ging in den tiefen Pulverschnee in die polnischen Berge, Tatra, nach Zakopane. „Eine Landschaft wie im Bilderbuch“(Esther Ackermann, UGN). Nach einer gemeinsamen traditionellen Mahlzeit fuhren die Schüler in Pferdeschlitten mit Fackeln durch die weiße Winterlandschaft (siehe Foto).

Auch die polnische Vorliebe für Natur und Outdooraktivitäten lernten die Schüler am Abend bei einem Lagerfeuer kennen, an dem Würstchen und Marshmallows gegrillt wurden.
In Zakopane sahen sie die internationale Skisprungschanze (siehe Foto) und suchten unter großem Spaß einen Weg durch ein Eislabyrinth.

Es war ein Aufenthalt voller Kontraste. Nach dem Wintererlebnis in den Bergen folgte ein Besuch des Konzentrationslagers Auschwitz, einem Ort, der sprachlos machte. Die Schüler des Ulrichsgymnasiums bearbeiten im Rahmen des Geschichtsunterrichts in Jahrgang 10 das Thema Nationalsozialismus, 2. Weltkrieg und Holocaust. Geführt durch eine Gedenkstättenpädagogin besuchten die Schüler diesen verstörenden Ort und setzten sich vertiefend mit den Verbrechen der Nationalsozialisten an Polen, Juden, Sinti und Roma sowie Andersdenkenden auseinander. In Erinnerung bleiben die Abschlussworte der Pädagogin, die sich für den Besuch der Norder Schüler bedankte und auf die Bedeutung der Konfrontation mit diesem schrecklichen Teil der Geschichte hinwies, besonders mit Blick auf heutige politische Entwicklungen. Sie griff dabei ein Zitat von dem Auschwitzüberlebenden Primo Levi auf: „Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen: Darin liegt der Kern dessen, was wir zu sagen haben.“
Neben dem offiziellen Programm boten sich den deutschen Schülern vielfältige Gelegenheiten, den Alltag ihrer Austauschschüler und deren Familien am Wochenende kennenzulernen. Beim Abschied wurde die enge Verbindung zwischen deutschen und polnischen Gastschülern deutlich. Fazit der Schüler ist, dass die Zeit in Polen viel zu kurz gewesen sei: „Ich komme im Sommer wieder“, so Patrick Jahnke (Schüler des UGN).

* Deutsch-Polnisches Jugendwerk:

Die polnische und die deutsche Regierung gründeten 1991 das Deutsch-Polnische Jugendwerk (DPJW). Im Bewusstsein einer schwierigen und schmerzhaften gemeinsamen Vergangenheit sollten junge Menschen aus Polen und Deutschland die Möglichkeit bekommen, die Menschen und die Kultur ihres Nachbarn kennen zu lernen, Freundschaften zu knüpfen und Vorurteile zu überwinden. Seitdem wurden Jugendprojekte mit mehr als 2,9 Millionen Teilnehmenden unterstützt. Finanziert wird das DPJW von der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen.