Wer kommunizieren kann, schafft es bis nach Kiew (jazyk do Kieva dovezet), sagt ein russisches Sprichwort. Und diese Erfahrung, nämlich dass die Auseinandersetzung mit einer anderen Kultur zu wichtigen Erkenntnissen und Erlebnissen führt, machten auch acht Schüler und zwei Lehrer des Ulrichsgymnasiums, die vom 4. bis 12. September ihre ukrainischen Austauschpartner in Kiew besuchten. Die Schüler wohnten bei den Gastfamilien ihrer Partner und entdeckten während eines abwechslungsreichen Programms viele Facetten des ukrainischen Lebens.

Die Fahrt nach Kiew stellte bereits den Gegenbesuch dar, das heißt, die deutschen Jugendlichen kannten schon ihre Austauschpartner, die im April in Norden waren, und freuten sich auf das Wiedersehen.
In den ersten Tagen erlebten die deutschen Schüler den ukrainischen Schulalltag in der auf die deutsche Sprache spezialisierten Schule Nr. 40, wo sie gemeinsam mit ihren Gastgebern das Projekt „Toleranz leben, Vorurteile überwinden“ durchführten. Nachmittags wurden die Sehenswürdigkeiten der Stadt besichtigt: die nach der Hagia Sophia in Konstantinopel älteste und wichtigste Kirche des orthodoxen Christentums, die Sophienkathedrale, das goldene Tor, den Maidanplatz und das Höhlenkloster. Dort leben noch heute 220 Mönche. Für die Besichtigung des Klosters braucht man starke Nerven, denn es gibt kein elektrisches Licht und wenn die Kerze des Besuchers erlischt, spürt er die Präsenz der in den Nischen liegenden zahlreichen Mumien um so stärker.
Der Besuch der Tschernobylmuseums und des Mahnmals „Cholodor“, das an die von Stalin bewusst herbeigeführte Hungersnot erinnert, der in der 1920er Jahren Millionen von Ukrainern zum Opfer fielen, führte den deutschen Schülern auch die schwierigen Zeiten in der Geschichte der Ukraine vor Augen.
Die Begegnung wurde vom auswärtigen Amt als ein„PASCH“-Projekt gefördert. Die Organisation „PASCH“ wurde vom damaligen Außenminister und jetzigen Bundespräsidenten Steinmeier ins Leben gerufen, weshalb er auch heute noch an PASCH-Begegnungen besonderen Anteil nimmt. So traf er z. B. am 31.Mai dieses Jahres die ukrainischen Austauschpartner des Ulrichsgymnasiums und informierte sich über ihren Aufenthalt hier in Norden, in dessen Zentrum ein Projekt zum Thema „Flucht“ stand.
Der Schüleraustausch des Ulrichsgymnasiums mit der Kiewer Schule Nr. 40 war ein voller Erfolg, führte zu interessanten Erkenntnissen und hilft, die Sprechkompetenz der Schüler, die Russisch am Ulrichsgymnasium belegt haben, zu verbessern. Er soll deshalb nächstes Jahr wiederholt werden.

Und so kommentieren die Teilnehmer des Schüleraustausches die Begegnung:

Yannik: „Kiew hat mir viele neue Erfahrungen gegeben. Ich finde Kiew toll, weil das Essen dort so gut und günstig ist. Die Esskultur ist sehr gut. Die Familie war sehr gastfreundlich und ich habe mich sehr wohl gefühlt. Aber es ist erschreckend, wie groß der Unterschied zwischen arm und reich ist.“

Haika: „Wir haben es in Deutschland schon ganz gut und das sollte man mehr wertschätzen. In Kiew wohnen die Menschen in viel kleineren Wohnungen und müssen sich materiell sehr einschränken.“

Renke: „Ich fand die Leute sehr gastfreundlich und das Essen war reichlich und lecker. Allerdings fand ich die U-Bahn sehr laut und ich hatte Angst um meine Sachen.“

Katja: „Die Kirchen waren sehr beeindruckend. Die Wohngebäude allerdings waren riesig und wirkten sehr monoton“

Clara: „Ich fand es krass, wie ich, obwohl ich die Sprache der Eltern nicht verstand, sie sofort in mein Herz schließen konnte. Mit meiner Austauschpartnerin Nastja habe ich mich sehr gut verstanden. Es ist unglaublich, dass man sich nach zwei Wochen so gut versteht, als würde man sich schon drei Jahre kennen. Und obwohl wir auch große Städte in Deutschland haben, war Kiew eine ganz andere Erfahrung.“

Sina: „Ich mochte, dass die Stadt immer lebendig war. Die Schule war gewöhnungsbedürftig und ganz anders als unsere. Die Schuluniform, ein Wächter an der Tür, lernen in Schichten, das ist schon seltsam. Aber alle waren sehr freundlich und viel offener und netter als die Schüler bei uns.“

Marlene: „Ich finde die Erfahrung wichtig, mal ein ganz anderes Land kennenzulernen. Die Kultur ist dort ganz anders als bei uns.“

Marion: „Ich habe die Erkenntnis gewonnen, dass ich Menschenmengen nicht mag. In der U-Bahn habe ich mich nicht wohl gefühlt. Aber die Parks fand ich voll schön. Und die Gastfamilie war außergewöhnlich freundlich und nett“.

Clara: „Die waren einfach krass gastfreundlich!“

Bericht: Martina Jürgens